Von der Kuhblume zum Autoreifen
Der Reifenhersteller Continental hat im Mecklenburg-vorpommerschen Anklam nach einjähriger Bauzeit ein Forschungs- und Versuchslabor für Löwenzahnkautschuk eröffnet. Annähernd 20 Mitarbeiter werden dort an einer Alternative für Kautschuk aus dem Kautschuk-Baum aus den Tropen forschen. Welche das sein soll, steht fest: Es ist der Löwenzahn.
Löwenzahn: Nützlich oder Unkraut
Löwenzahn sieht man hier zu Lande allerorten. Er zählt zu den Frühblühern und fällt mit seiner gelben Blüte im Frühjahr auf. In der Naturmedizin findet die Pflanze Taraxacum officinale Anwendung, wenn es um die Verdauungsregulierung oder die Entgiftung geht. Aber es ist auch unbeliebt, vor allem dann, wenn er im Rasen erblüht. Von dort lässt er sich kaum entfernen.
Kautschukbaum braucht sieben Jahre, bis er nutzbare Milch abgibt
Was des Rasengärtners Frust ist, entpuppt sich als des Reifenbauers Lust. Bereits seit mehreren Jahren forschen das Fraunhofer Institut und Continental an der Löwenzahn-Alternative zur Kautschuk-Gewinnung. Ein Grund ist die Ressourcenknappheit. Zehn bis 30 Prozent Naturkautschuk ist im Autoreifen enthalten. In Lkw-Pneus sind es 40 Prozent oder mehr des Rohstoffs. Und die Reifenproduktion steigt. Bisher und aktuell bezieht Continental den Naturkautschuk vom Kautschukbaum Hevea brasiliensis. Der Baum wächst allerdings nur um den Äqautor herum. Bis zur ersten nutzbaren Milchabgabe braucht es sieben Jahre. Um der weltweiten Nachfrage nach Kautschuk Herr zu werden, entstehen Monokulturen um den Äquator herum oder es werden Urwälder abgeholzt zur Kultivierung der natürlichen Gummilieferanten. Alles nicht gerade der Umwelt förderlich.
Anbau in der Nähe der Produktionsstätte
Dass Löwenzahn ein Kautschuk-Produzent ist, war schon Mitte des 20.Jahrhunderts bekannt. Vor einigen Jahren haben die Forscher herausgefunden, dass russischer Löwenzahn Kautschuk in der Qualität liefert, wie es für den Reifenbau benötigt wird. Chemisch ist der Löwenzahnkautschuk mit dem Kautschuk des Hevea brasiliensis identisch. Verwendet wird die Wurzel des Löwenzahns, aus der, wenn man sie anschneidet, ein milchiger Saft austritt. Löwenzahn wächst überall. Und so ergibt sich ein weiterer Vorteil. Der natürlich gezüchtete russische Löwenzahn ließe sich in der Nähe der Produktionsstätten von Continental auf Flächen anbauen, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Somit würden die langen Transportwege wegfallen. Zwar gibt es eine synthetische Alternative. Die allerdings ist auf Basis von Erdöl und erreicht nicht die Qualität, die für einen Reifen benötigt wird.
Bei positiven Ergebnissen: Serienproduktion in zehn Jahren
Wenn die Forschungsergebnisse rund um die Kuhblume, wie der Löwenzahn auch genannt wird, als Kautschuklieferant positiv ausfallen, will Continental in zehn Jahren den Rohstoff in der Serienproduktion einsetzen. Prototypen gibt es schon. Deren Ergebnisse zeigen sich vielversprechend.
Bilder: © Continental AG